Montag, 2. April 2012

Der Kiez als Vorbild im Amateursport?

Der Sponsoringgedanke in Deutschland hat sich über die vergangenen Jahre und Jahrzehnte sicherlich enorm gewandelt. Wenn man einen Blick auf Sportanlagen in Deutschland wirft, erblickt man immer wieder Bandenwerbung, die so vergilbt und veraltet ist, dass es schwer fällt, das werbende Unternehmen zu erkennen. Gelingt dies, stellt man unter Umständen fest, dass die Postleitzahl vierstellig ist oder das Unternehmen längst nicht mehr besteht. In meiner täglichen Arbeit ist sogar einmal der Fall an mich herangetragen worden, dass ein Verein jedes Jahr eine Rechnung an eine Person schickt, die weder eine Bande noch eine Firmenadresse hat und die außerdem niemand im Verein kennt. Trotzdem ist man diesem Mister „Unbekannt“ dankbar, da dieser jedes Jahr seine Rechnung zahlt und so inkognito an der erfolgreichen Vereinsführung teilhat.

Die Sponsoringaktivitäten bei Sportvereinen befinden sich anscheinend seit Jahrzehnten im Dornröschenschlaf. Früher konnte man Sponsoren häufig von einem Engagement überzeugen, da es häufig gereicht hat, als Bäcker oder Metzger zu zeigen, dass man sich bei den regionalen Vereinen engagiert und diese unterstützt. Vereine hatten durch hohe Zuschüsse von öffentlicher Hand oder Mitgliedsbeiträge auch andere finanzielle Möglichkeiten, so dass man sich nicht so intensiv mit der Sponsorensuche befassen musste.
Manuel Madunic
Eben hier haben sich die Zeiten aber leider deutlich gewandelt. Während Vereine mit höheren Kosten und finanziellen Problemen zu kämpfen haben, sitzt der Euro bei den Unternehmen inzwischen anscheinend auch nicht mehr so locker wie noch zu D-Mark-Zeiten. Die Ansprüche von Sponsoren sind deutlich gestiegen, wenn man versuchen möchte, diese von Sponsoringpartnerschaften zu überzeugen. Vereine müssen sich also inzwischen ganz genau überlegen, mit welchen Werbeangeboten man an die potentiellen Sponsoren herantritt. Insbesondere wird dies deutlich, wenn man sich vor Augen hält, dass einige Unternehmen inzwischen von täglichen Anrufen unterschiedlichster Vereine und Institutionen sprechen, und der einzelne Verein sich also im Rennen um die wenigen Fördergelder durch Kreativität, Argumente und Professionalität absetzen muss.

Doch welche Schlüsse muss ein Verein aus diesem Trend ziehen? Wie kann es gelingen, sich auch als Breitensportverein ohne TV-Präsenz oder Zuschauerzahlen im vier- oder fünfstelligen Bereich als attraktiver Werbepartner zu positionieren?
Blicken Sie sich um. Nehmen Sie sich ein Beispiel an den „Großen“ des Sports, also an den Vereinen auf Topniveau in Fußball, Handball und anderen Sportarten. Sie können vielleicht nicht mit Spielen gegen europäische Topmannschaften punkten, welche dann live im Fernsehen übertragen werden. Aber haben Sie nicht auch eine gewisse Zahl an Mitgliedern? Können Sie nicht sogar mehr als die Spitzenvereine von sich behaupten, dass Sie ein gewachsenes Umfeld von Mitgliedern, Freunden, ehemalig Aktiven und regional bzw. emotional Verbundenen haben, welches Sie im Namen Ihrer Sponsoren ansprechen können?
Ich rate Ihnen in erster Linie, dass Sie sich zusammensetzen, und sich gezielt überlegen, welche Eigenschaften Ihr Verein hat, die in der Öffentlichkeit positiv wahrgenommen werden. Das kann z.B. eine erfolgreiche Volleyballmannschaft ebenso wie eine große Jugendabteilung sein, vielleicht aber auch Ihre tägliche Arbeit für die gesellschaftliche Integration oder Ihr attraktives Angebot für Senioren. Wenn Sie Ihre eigenen, postiven Eigenschaften identifiziert haben und diese mit Selbstvertrauen nach Außen geben, wird es Ihnen bedeutend leichter fallen, sich gegenüber möglichen Sponsoren zu platzieren.

Die Marke FC St.Pauli
[Ulrich Niegel]
Ich werde in meinen Beiträgen immer wieder auf unterschiedliche Werbemaßnahmen und wichtige Faktoren erfolgreicher Sponsoringarbeit eingehen. Trotzdem möchte ich betonen, dass die Positionierung und die Kommunikation der vereinseigenen Stärken und Besonderheiten die Grundlage darstellen, um im Sponsoring Erfolge zu feiern. Nicht umsonst zählt der Verein FC St. Pauli durch seine sehr ausgeprägte Markenarbeit und Außendarstellung inzwischen zu den attraktivsten Sponsoringpartnern im deutschen Spitzensport. Und das obwohl er nicht durch beständige sportliche Spitzenleistung überzeugt. Als Amateursportverein müssen Sie sicherlich nicht den gleichen Weg gehen wie der Hamburger Kiezclub, wenn es Ihnen aber im ersten Schritt gelingt, sich selbst zu finden, die eigenen Besonderheiten zu kommunizieren und diese im gesamten Verein mit Stolz zu repräsentieren, dann haben Sie den allerersten Schritt in Richtung eines erfolgreichen Sponsoringkonzeptes bereits geschafft.   

Manuel Madunic [M.A. Sportmanagement, Dipl. Betriebswirt (FH)] ist Geschäftsführer von KIM SportsManagement und war über 15 Jahre als Spieler und Trainer im semi-professionellen Sport aktiv. Er hat sich beruflich und in der Lehre auf die Bereiche Vereinsvermarktung und Sponsoring sowie auf die Analyse der allgemeinen Situation der Sportvereine in Deutschland spezialisiert.


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